Stellungnahme zur Sondersitzung

Es war Harald Althaus, der mit seinem Ausspruch „in Wetter sind wir etwas mehr an den Fakten orientiert“, die Sondersitzung des Bau- sowie des Haupt- und Finanzausschusses am 13. Juni 2013 erzwungen hatte. Es war ein gutes Signal für die demokratische Kultur in Wetter und ein Wink mit dem Zaunpfahl gen Lahntal. Dort wurde ja bereits vor einigen Tagen der Gründung des Windparks zugestimmt, ohne das die betriebswirtschaftlichen Eckdaten vorlagen.

Im Ergebnis brachte die Sondersitzung am 13. Juni keine Überraschung: beide Ausschüsse stimmten dem Plan des Magistrats zu, die Gründung der Gemeinschaftswindpark Wollenberg GmbH & Co. KG zu initiieren.

Die BI Windkraft Wetter unterstützt grundsätzlich den Windpark am Wollenberg, teilt jedoch nicht die Zuversicht der Stadtverordneten:

  1. Wir halten die kalkulierten 2.300 Volllast-Windstunden für viel zu optimistisch. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. rechnet jedenfalls durchschnittlich mit 1.750 Volllast-Windstunden.
  2. Durch eine „Standortoptimierung“ hat sich der prognostizierte Ertrag der WKA um 33% erhöht. Eine solch erhebliche Schwankung geht nach unserem Verständnis über eine Optimierung hinaus. Uns beschleicht das ungute Gefühl, das hier zugunsten der Wirtschaftlichkeit die Zahlen schöngerechnet wurden.
  3. Zur Sondersitzung lagen weder die Windkraftgutachten vor noch hat einer der Beteiligten Angaben zur geplanten Windstärke am Standort Wollenberg gemacht. Stattdessen wurde darauf verwiesen, dass diese Unterlagen eingesehen werden könnten – aber natürlich erst nach der Abstimmung. Wir hoffen, dass bis zur entscheidenden Sitzung am 18.6. der ein oder andere Abgeordnete noch Einsicht in die Unterlagen nehmen wird.
  4. Der Aussage des Bürgermeisters, dass der Windpark im Falle einer Unrentabilität notfalls Insolvenz anmelden müsse, stimmen wir zu. Dass hiervon der Haushalt der Stadt Wetter nicht betroffen sei, glauben wir jedoch nicht. Wir gehen davon aus, dass im Falle einer drohenden Insolvenz die Stadt letztlich Geld nachschießen wird.
  5. Denn um ihre Einlage an der Windpark GmbH finanzieren zu können, muss die Stadt rund 1.44 Millionen Euro „auf Pump“ über ihre Stadtwerke finanzieren. Dieser Kredit wird über 15 Jahre die Stadt mindestens 120.000 Euro pro Jahr kosten. Er wird zu tilgen sein – egal ob der Windpark Gewinn oder Verlust erwirtschaftet oder in die Insolvenz geht.
  6. Unabhängig von diesen Erwägungen bleiben auch die naturschutzrechtlichen Bedenken ungeklärt. Dass EuGH-Urteil konnte die Stadt bisher nicht zufriedenstellend entkräften. Und auch der Hinweis auf die zahlreichen Trinkwasserquellen im Wollenberg, die durch den Anlagenbau geschädigt werden könnten, wurde bisher nicht gewürdigt.
  7. Dass die Stadtwerke Marburg bisher nicht erklärt haben, wieso sie die im Sommer 2012 angekündigte Windmessung nicht rechtzeitig beantragt haben, spricht eine deutliche Sprache – und lässt den Projektpartner für uns in einem schlechten Licht erscheinen.
  8. Sollte die prognostizierte Ausschüttungsquote von ca. 80.000€ pro Jahr ab dem Jahr 2015 stimmen, genügt dies unserer Erkenntnis nach nicht, um die jährliche Tilgung der Gesellschafter-Einlage an der Windpark GmbH zu refinanzieren. Bei einem Kredit von 1.44 Millionen Euro mit 3% Zinsen und einer Laufzeit von 15 Jahren muss die Stadt jedenfalls mindestens 120.000€ pro Jahr zurückzahlen. Die Differenz müsste aus dem Haushalt ausgeglichen werden – oder durch die übrigen Erlöse der Stadtwerke Wetter (Schwimmbadeintritt, Nahwärme).

Unterm Strich haben wir große Bedenken, dass sich die Gemeinden Wetter und Lahntal auf ein Abenteuer einlassen, dass sie sich nicht leisten können. Den Stadtwerken Marburg kann das letztlich egal sein: sollte der Ertrag des Windparks nicht stimmen und die Kommunen aufgrund fehlender Ausschüttungen die Kreditraten nicht mehr bedienen können, könnten die Stadtwerke Marburg die Gemeinden für „kleines Geld“ aus dem Windpark herausdrängen. Da die Kommunen finanziell mit dem Rücken zur Wand stehen, fehlt ihnen schlichtweg der Atem, um ein paar windschwache Jahre überbrücken zu können.

Dass die Ausschüsse in Wetter sich allein durch den Experten der Stadtwerke Wetter in Sachen Windkraft beraten ließen, muss selbst bei freundlicher Betrachtung als naiv gewertet werden. Nach unserem Verständnis sollte jeder, der ein Investment in dieser Größenordnung angeht, hierzu einen neutralen Berater haben.

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