Nach den heftigen Auseinandersetzungen um die Frage, wie viele Volllast-Windstunden der Wollenberg erreichen kann, wollen wir das Thema wieder auf die sachliche Ebene holen. Herzlichen Dank an Dr. Böttcher für diese erläuternden Worte.
Was ist eine Volllaststunde?
Der Ertrag einer Windenergieanlage (WEA) wird durch Ertragsgutachten prognostiziert. Hierbei gehen viele Faktoren ein: Die Windgeschwindigkeit, der Rotordurchmesser, die Windverteilung über die Zeit und die Verluste durch die Umgebung und der Anlage selbst.
Die Strommenge pro Jahr [MWh/a] geteilt durch die Leistung der Anlage [MW] ergibt die Volllaststunden pro Jahr [h/a]. Sie beschreibt die Zeit, die die WEA in einem Jahr unter Volllast arbeiten müsste, um die Jahresstrommenge zu produzieren.
Im Jahr 2012 wurden mit 31.300 MW installierter Leistung 50.700.000 MWh Strom geerntet. Die durchschnittliche Vollaststundenzahl liegt daher bei 1.620 h/a.
Das ist der Mittelwert aller Anlagen in Deutschland. Da sind alte Anlagen dabei wie die in Wehrda, aber auch sehr ertragreiche Anlagen, die z.B. an der Küste stehen.
Welche Volllaststunden haben neue Windparks in Mittelhessen?
Sehen wir uns dazu einmal den Windpark Siegbach an.
Mainova betreibt im VRG 2116 3 WEA Nordex 100 mit 140 m Nabenhöhe und 100 m Rotordurchmesser. Baujahr 2011, Windhöffigkeit > 6,25 m/s.
Prognostizierter Ertrag: 16.000 MWh / 7,5 MW = 2.133 h/a
Realer Ertrag: 13.437 MWh / 7,5 MW = 1.792 h/a
Oder den Windpark Kalteiche bei Haiger
HSE betreibt im VRG 2104 6 WEA SWT 2.3-113 mit 140 m Nabenhöhe und 113 m Rotordurchmesser. Baujahr 2013, Windhöffigkeit > 6,25 m/s
Prognostizierter Ertrag laut HSE: 39.250 MWh / 13,8 MW = 2.844 h/a
Prognostizierter Ertrag laut EG Haiger: 35.000 MWh / 13,8 MW = 2.536 h/a
Geschätzter Ertrag laut EEG: 23.460 MWh / 13.8 MW = 1.700 h/a
Die realen Erträge werden mit Verweis auf laufende Verfahren und den Beschluss der Genossenschaft nicht veröffentlicht.
Oder der Windpark Hohenahr
Mainova betreibt im VRG 2136 7 WEA Nordex N117/2400 mit 140 m Nabenhöhe und 117 m Rotordurchmesser. Baujahr 2013, Windhöffigkeit > 6,25 m/s
Prognostizierter Ertrag laut Mainova: 45.300 MWh / 16,8 MW = 2.696 h/a
Die realen Erträge werden mit Verweis auf den Beschluss der Genossenschaft nicht veröffentlicht.
Windpark Wollenberg
Im Windpark Wollenberg (VRG 3114) sollen 6 WEA Nordex N117/2400 mit 140 m Nabenhöhe und 117 m Rotordurchmesser gebaut werden. Windhöffigkeit >6,25 m/s
Prognostizierter Ertrag laut Stadtwerke Marburg (26.06.2012): 25.000 MWh / 14,4 MW = 1.736 h/a
Prognostizierter Ertrag laut Stadtwerke Marburg (13.06.2013): 33.000 MWh / 14,4 MW = 2.300 h/a
Kritik der BI Windkraft Wetter
Im Windpark Siegbach liegen die realen Erträge 16% unter den Prognosen.
Im Windpark Haiger liegen die Prognosen der Genossenschaft 11% unter den Prognosen des Betreibers HSE. Reale Erträge werden nicht veröffentlicht.
Im Windpark Hohenahr werden die realen Erträge nicht veröffentlicht.
Ergeben sich im Windpark Wollenberg statt prognostizierten 2.300 h/a ein Ertrag von nur 1.950 h/a, so sind das nur 15% Abweichung von der Prognose. Das liegt wie man bei den vergleichbaren Windparks sieht im normalen Bereich.
Bei 1.950 h/a ist der Windpark Wollenberg nicht mehr profitabel und die Bürger müssen 16 Jahre lang jährlich in den Windpark Geld einzahlen, statt Geld zu verdienen. Statt regionaler Wertschöpfung folgt regionale Wertvernichtung.
Der Durchschnitt aller hessischer WKA lag 2013 bei 1.471 (2012: 1470h) Volllaststunden. Quelle: BdEW: Erneuerbare Energien und das
EEG: Zahlen, Fakten, Grafiken (2015) S. 28
Auf knapp 1.900 Volllaststunden/a brachten es durchschnittlich (2013) nur die WEA in Niedersachsen und Schleswig-Holstein.
Die Überschätzung der Volllaststunden kann als die goldene Regel jeder erfolgreichen Planung gelten.
Prominentestes aktuelles Beispiel ist die Pfalzwind GmbH (natürlich kommunale Eigentümer), die bei 63 WKA jährliche Verluste von annähernd 2 Millionen € erleidet. Daher klagt die Gesellschaft gegen den Planer (JUWI) und ehemaligen Mitgesellschafter.
Und wenn eine EEG-Anlage nicht läuft, dann zieren sich die kommunalen Anteilseigner auch nicht mehr Insolvenz anzumelden und die Gläubiger auf ihren Forderungen sitzen zu lassen. (Beispiel aus unserem Landkreis: Biogas Ebsdorfergrund Investor waren die Stadtwerke Mainz und Wiesbaden über eine Tochter).
Meiner Heimatgemeinde stehen noch 150.000 € Steuern etc. aus.
Eine wunderbare Welt!
Und diesen ganzen Wahnsinn bezahlen wir mit weit mehr als 20 Milliarden Euro Subventionen pro Jahr.