Am Dienstag, den 21.5.2013, fand im Kreishaus in Marburg eine Infoveranstaltung für Windkraft-Investoren statt. Geladen waren vier Referenten, einer von Ihnen der Windpark-Investor Ulf Schmidl aus Lohra. Herr Schmidl ist nach eigener Auskunft an drei Windparks beteiligt und seit vielen Jahren im Windkraft-Geschäft – und zur Überraschung der Gäste und der sichtlich betroffenen Gastgeber redete hier ein Praktiker Klartext:
Rund um den Wind
- Windgutachten: Schmidl berichtete aus einem seiner Windparks, bei dem trotz 4(!) renomierter Windkraft-Gutachten nur 60-70% der errechneten Windkraft-Leistung erreicht wurden. Sein Fazit: Gutachten bringen es nicht, wer wirklich wissen will ob es am Standort Wind gibt, muss messen.
- WKA-Anlagen: Nach Einschätzung des Investors werden im Binnenland immer noch viel zu viele Starkwindanlagen verkauft. Diese seien jedoch für unsere Region überdimensioniert und deren Betrieb zu teuer. WKA-Verkäufer würden jedoch nicht immer von selbst Schwachwindanlagen ins Gespräch bringen, da diese dem Hersteller weniger Umsatz bringen würden.
- Windrichtung: Gerne werde der Fehler gemacht, bei der Windrichtungsnachführung (Windrose) die typischen Windstärken nicht ausreichend zu beachten. So erwarten Planer mitunter, dass eine Anhöhe den Wind blockiert – in der Praxis seien jedoch die darüber streichenden Winde viel stärker als vermutet. Auch wird oftmals nicht zwischen Ost- und Westwind unterschieden: Westwind ist erheblich schwächer, Ostwind für gewöhnlich stärker und damit ertragreicher.
- Windgeschwindigkeit: Schmidls Einschätzung nach könne man die Windgeschwindigkeit in der Höhe nicht seriös vorausberechnen. In der Praxis passiert es, dass eine WKA mit 120m Narbenhöhe mehr Ertrag bringt als eine 140’er Anlage. Verwirbelungen, Luftströmungen, Hügel usw. lassen keine Prognose am Schreibtisch zu. Schmidl empfiehlt, an allen WKA-Standorten eine Messung durchzuführen. Wohlgemerkt: nicht pro Park sondern pro Anlage!
- Windmesstechnik: Die Messung mit einem Mast ist zwar sehr zuverlässig, allerdings auch teuer und langwierig. Doch es gibt Alternativen zum Windmessmast: Schallmessungen. Mobile Schallmessanlagen, die nach dem SODAR oder Lidar Verfahren die Windgeschwindigkeiten messen, sind mietbar – und sogar in unserer Region in ausreichender Anzahl verfügbar. Ein Messwagen inkl. gutachterliche Auswertung der Messdaten kostet netto 5.000€ pro Monat. Zum Vergleich: Die Kosten für einen Windmessmast liegen bei 200.000€ bis 300.000€.
Betriebswirtschaftlicher Rahmen
- Pacht: „Früher“ habe die Pacht für die Fläche einer WKA ca. 1% bis 2% des generierten Umsatzes betragen haben. Heute verlangen die Bodenbesitzer ca. 5% bis maximal 12%. Wohlgemerkt: pro Jahr! Schmidl empfahl: wenn wirklich jemand 12% fordert, dann muss die Pacht an den Ertrag und nicht an den Umsatz gekoppelt werden.
- Geschäftsführung: Ein Windpark muss professionell begleitet werden, eine Geschäftsführung für kaufmännische und technische Belange muss sein. Deren Kosten sollten sich jährlich zwischen 4% und maximal 6% bewegen.
- Ertragsprognose: „Wenn Sie investieren wollen“, riet Schmidl den Anlegern, „lassen Sie sich die 20jährige Ertragsprognose zeigen. Die muss stimmig sein. Oft werden da übrigens Kosten vergessen, z.B. für die jahrzehntelange Pflege von Ausgleichsmaßnahmen. Prüfen Sie die Prognose kritisch!“
Am Ende seiner launig vorgetragenen Ausführungen bat der stellvertretende Landrat den Investor darum, doch noch etwas positives zum Invest in die Windkraft zu sagen. Dieser Bitte kam Ulf Schmidl nach und stellte kurz und bündig fest: „es macht Spaß“.
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