EuGH Urteil gefährdet Windpark Wollenberg

In einem kürzlich veröffentlichten Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) klargestellt, unter welchen Voraussetzungen Natura-2000 Flächen für Infrastruktur- und Entwicklungsmaßnahmen genutzt werden dürfen. Das Gericht legte dabei recht klar fest, welchen Spielraum nationale Genehmigungsbehörden bei der Genehmigung noch haben. Aus Sicht von Naturschützern werden durch das Urteil der Schutz der Natura-2000 Flächen deutlich erhöht und Baumaßnahmen wie bspw. Windkraftanlagen erheblich erschwert.

Eine Bewertung des Urteils aus Sicht des Deutschen Naturschutzrings finden Sie hier.

Wortlaut des Urteils C‑258/11:

Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen ist dahin auszulegen, dass Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, das Gebiet als solches beeinträchtigen, wenn sie geeignet sind, die dauerhafte Bewahrung der grundlegenden Eigenschaften des betreffenden Gebiets, die mit dem Vorkommen eines prioritären natürlichen Lebensraumtyps zusammenhängen, dessen Erhaltung die Aufnahme dieses Gebiets in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung im Sinne dieser Richtlinie rechtfertigte, zunichtezumachen. Bei dieser Beurteilung ist der Vorsorgegrundsatz anzuwenden.

In der Begründung des Urteils heißt es u.a.:

  • Da die Behörde die Genehmigung des Plans oder des Projekts versagen muss, wenn Unsicherheit darüber besteht, ob keine nachteiligen Auswirkungen auf das Gebiet als solches auftreten, schließt das in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 der Habitatrichtlinie vorgesehene Genehmigungskriterium den Vorsorgegrundsatz ein und erlaubt es, durch Pläne oder Projekte entstehende Beeinträchtigungen der Schutzgebiete als solche wirksam zu verhüten. Ein weniger strenges Genehmigungskriterium als das in Rede stehende könnte die Verwirklichung des Zieles des Schutzes der Gebiete, dem diese Bestimmung dient, nicht ebenso wirksam gewährleisten.
  • Diese Beurteilung gilt erst recht im Ausgangsverfahren, da der natürliche Lebensraum, der durch das geplante Straßenbauprojekt betroffen ist, zu den prioritären natürlichen Lebensraumtypen gehört, die in Art. 1 Buchst. d der Habitatrichtlinie als „vom Verschwinden bedrohte natürliche Lebensraumtypen“ definiert werden, für deren Erhaltung der Europäischen Union „besondere Verantwortung“ zukommt.
  • Die zuständigen nationalen Behörden dürfen daher keine Eingriffe zulassen, die die ökologischen Merkmale von Gebieten, die prioritäre natürliche Lebensraumtypen einschließen, dauerhaft beeinträchtigen könnten. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Eingriff zum Verschwinden oder zu einer teilweisen irreparablen Zerstörung eines im betreffenden Gebiet vorkommenden prioritären natürlichen Lebensraums führen könnte.

Quelle: EuGH Rechtssache C-258/11 vom 11.4.2013

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