Schattenschlag und Schallimmissionen – ein Investor informiert

Aktuell bemühen sich mindestens ein Investor aus Dresden und die Energiequelle GmbH aus Zossen um Flächen im Windvorranggebiet VRG 3105 Todenhausen-Mellnau. Obwohl die Klage der Stadt gegen das Gebiet noch anhängig ist, bemühen sich beide Unternehmen darum, Pachtverträge mit den Eigentümern abzuschließen. Bisher scheint der Erfolg jedoch begrenzt zu sein.

Die Energiequelle ging nun in die Offensive und hatte für den 28. Juni 2023 zu einem Infoabend in der Stadthalle geladen. Der Bürgermeister, die betroffenen Ortsbeiräte und die Bürgerinitiative Windkraft Wetter war ebenfalls anwesend.

In einem Einladungsschreiben zitierte der Investor den Bürgermeister mit den Worten, dass die bisherige Position der Stadt Wetter angesichts der Energiekrise und des Ukrainekonflikts nicht länger haltbar sei. Für diese Aussage gab es in der Kommunalpolitik vorab herbe Kritik, da es sich hier um eine Einzelmeinung handelte, nicht jedoch um den offiziellen Standpunkt der Stadt. Richtigerweise wiederholte der Bürgermeister diese Aussage nicht. Stattdessen wies er darauf hin, dass im Falle eines Klageerfolgs ein Flächennutzungsplan erstellt werden müsse und auch der Wollenberg wieder Teil der Planung werden könnte.

Schallimmissionen treffen alle Ortsteile, Todenhausen im Besonderen

Erstmals präsentierte der Investor eine Karte mit berechneten Schallimmissionen, ausgehend von möglichen Standorten der Windkraftanlagen. Dabei zeigt sich, dass insbesondere in Todenhausen das Thema akut werden wird. Teile der Wohnbebauung werden mit bis zu 40 db(A) beschallt – aus Sicht des Bundesverbandes Windenergie liegt dieser „Lärmpegel“ zwischen der Schallkulisse einer Bibliothek (30 db(A)) und einer ruhige Unterhaltung (50 db(A)).

Während Todenhausen in den Simulationen vollständig vom Schall betroffen ist, sind die Kernstadt, Mellnau und das benachbarte Simtshausen zumindest teilweise betroffen. Mit bis zu 35 db(A) dürfen einzelne Straßenzüge rechnen. Was tagsüber im Rauschen der Straße untergehen mag, könnte insbesondere nachts und je nach Windrichtung ein Problem werden.

Spannend bleibt, wie Theorie und Praxis beim Thema Schall am Ende zusammen finden. Zum Vergleich: die Bahnlinie ist rund 3,5km von Mellnau entfernt. Kommt der Wind aus Richtung Westen, hört man das Pfeifen der Bahn in Mellnau glockenklar.

Naturgemäß sind die Windkraftanlagen am Standort um einiges lauter als in eins bis zwei Kilometern Entfernung. Dass ist insofern spannend, als dass die Standorte zwischen Sonnenwendskopf und Galgenberg beliebte Naherholungsrouten sind, auf denen selbsterständlich auch die Tierwelt sehr aktiv ist. Zum Vergleich: die Kehner Eiche liegt rund 500m von den Windkraftanlagen entfernt. Dort wird der Lärmpegel – laut Simulation – bei 40 db(a) liegen. Tag und Nacht, sobald sich ein Windrad dreht. An der Alten Weinstraße sind es gar 50 db(A).

Karte Schallimmissionen geplanter Windpark Todenhausen-Mellnau

Wenn die Sonne tief steht, gibt’s Schattenschlag

Beim Thema Schattenschlag ist die südlich vom geplanten Windpark gelegene Kernstadt raus – Todenhausen, Simtshausen und Mellnau sind hingegen laut der Simulationen betroffen.

Wie auch schon beim Thema Schall liegt Todenhausen voll in der Zone der Betroffenen. Ein Trost mag hier sein, dass aufgrund der Topografie vielleicht nicht allzu viele Fenster Richtung Osten ausgerichtet sind. Trotzdem wird man in den Wintermonaten das Thema mitbekommen. Die Tatsache, dass der Windpark südlich von Simtshausen und westlich von Mellnau liegt, dürfte hingegen dazu führen, dass der Schattenschlag noch um einiges wahrnehmbarer ist.

Todenhausen, Simtshausen und Mellnau können sich auf bis zu 100 Stunden astronomisch maximal möglichen Schattenschlag pro Jahr einstellen, wobei in Mellnau und Simtshausen jeweils „nur“ ein Teil des Ortes betroffen ist. Todenhausen ist voll mit dabei. Astronomisch möglich heißt, dass es maximal so viele Stunden im Jahr gibt, an denen aufgrund des Sonnenstands ein Schatten geworfen werden könnte. Der stehende Schatten ist dabei nicht das Problem – problematisch wird es erst, wenn sich das Windrad während dieser Stunden dreht. Dann entsteht der Schlagschatten. Gesetzlich gefordert ist, dass dies maximal 8 Stunden pro Jahr geschieht.

Zu dem Thema schreibt der Investor auf seiner Projekthomepage: „Um diesen [Grenz]Wert einzuhalten, wird eine Abschaltautomatik installiert, welche die Windenergieanlagen so steuert, dass ein max. tatsächlicher Schattenwurf von 8h/a und 30min/d nicht überschritten wird.“

Karte Schattenschlag Prognose geplanter Windpark Todenhausen-Mellnau

Es bleibt ein Schwachwindstandort

Die Windhöffigkeit im Vorranggebiet war ebenfalls ein Thema der Sitzung. So fragte sich mancher Teilnehmer, wie es seien könne, dass der Investor aus Dresden augenscheinlich deutlich höhere Pachtsummen anbietet als die Energiequelle. Eine seriös nachvollziehbare Antwort darauf fand sich nicht.

Darüber hinaus stellte die Enerqiequelle klar, dass das Unternehmen zwar grundsätzlich über seine Stiftung sowie mit vergünstigten Stromtarifen und der genossenschaftlichen Beteiligung Möglichkeiten kennt, wie man die Leute vor Ort von den Anlagen profitieren lassen kann. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es eben ein Schwachwindstandort bleibt, dessen Ertrag nicht ausreicht, alle diese Maßnahmen in Wetter (und Münchhausen-Simtshausen) zur Geltung bringen zu können.

Investor plant Baubeginn in 2025

Aus der Projektplanung der Energiequelle geht hervor, dass das Unternehmen davon ausgeht, bis Ende 2025 mit dem Bau der Anlagen beginnen zu können. Zuvor ist jedoch noch viel zu tun. Im entscheidenden Maße hängt es an den Eigentümern der Flächen, die sich überlegen müssen, ob sie ihre Grundstücke wirklich verpachten wollen. Die Einordnungen und Einwende der BI dazu finden sich hier.

Übrigens: die Wirkung von rund 245m hohen Windkraftanlagen können die Eigentümer – und jeder andere Bürger der Region – vermutlich demnächst in unmittelbarer Nachbarschaft studieren: im Windpark Niederasphe. Obwohl auch dort noch eine Klage anhängig ist, will der Investor Krug Energie dort noch in diesem Jahr mit dem Bau von fünf Windkraftanlagen beginnen. Die Inbetriebnahme soll laut BI Windkraft Niederasphe e.V. im ersten Quartal 2024 erfolgen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.